Ludwig-Erhard-Zentrum: Von ’sozialer‘ Marktwirtschaft kann keine Rede sein.
Unser Bündnis hat schon bei der Grundsteinlegung gegen diesen monströsen Bau protestiert, der eine marktliberale, keineswegs soziale Einrichtung beherbergen wird. Vehement wiederholen wir unseren Protest jetzt bei der Einweihung.
Die Kosten für das Bauwerk werden zum größten Teil vom Freistaat Bayern bezahlt, also mit unseren Steuergeldern. Die ursprünglich genannten Kosten von 4,5 Mio. € haben sich inzwischen auf mehr als 17 Mio. € erhöht. 17 Millionen, das entspricht dem Betrag, den die Stadt 2018 für den Bereich Schulen, Kindertagesstätten und Sport eingeplant hat. Die Spenden aus der Wirtschaft nehmen sich daneben relativ bescheiden aus. Dennoch wird das Geschehen in dem Haus weder von der Stadt Fürth noch vom Land Bayern bestimmt, sondern durch eine Stiftung. Von der Stadt wird aber mit 12,5 % ein erheblicher Teil der Kosten übernommen. Zu Beginn der Planungen bezifferte der OB diese Kosten auf eine halbe Million. Zuletzt erhöhte sich der städtische Anteil auf wundersame Weise auf 1,87 Mio. Die entstehenden Mehrkosten wurden ohne größere Debatte von einer Mehrheit aus SPD und CSU im Stadtrat abgesegnet und klaglos von der ansonsten besonders sparsamen Finanzreferentin gebilligt. Gleichzeitig betont die Stadt permanent, dass gespart werden muss und lehnt daher auch finanziell kleinste Forderungen aus dem sozialen Bereich ab. So kann sich Fürth zwar ein LEZ leisten, aber keine Räume für die zahlreichen sozialen und politischen Initiativen, an denen Fürth zum Glück sehr reich ist und die das gesellschaftliche Klima unserer Stadt stark mitprägen. Die Stadt Nürnberg hat mit dem Nachbarschaftshaus Gostenhof ein solches Zentrum längst zur Verfügung gestellt.
Erhards Wirken von 1933 bis 1945 bleibt ausgespart!
Ludwig Erhard formulierte seine Pläne für eine Wirtschaftsordnung für die Zeit nach dem Kriegsende im Auftrag der Reichsgruppe Industrie in der Schrift „Kriegsfinanzierung und Schuldenkonsolidierung“. Erhards Biograf Volker Henschel beschreibt die Ausrichtung des Papiers: „Ebenso nachdrücklich wie Erhard einer Verstaatlichung der Produktionsmittel widerriet, trat er für die Verstaatlichung der privaten Unternehmensschulden … ein.“ Das Programm erinnert fatal an die Bewältigung der sogenannten Finanzkrise. Gewinne privatisieren, Schulden verstaatlichen. Sozial war und ist damals wie heute an einer derartigen Politik gar nichts. Erhard spielte diese Vorschläge zur Rettung des deutschen Kapitalismus auch dem Mitglied des Widerstandskreises des 20.Juli, Carl Friedrich Goerdeler, zu. Damit wurden sie zum Beleg des Erhardschen Widerstands. Gleichzeitig diskutierte Erhard dieses „Dokument des Widerstands“ aber auch mit SS-Brigadegeneral Otto Ohlendorf und dessen Referenten Günther Weiss. Ohlendorf wurde 1951 wegen Mordes an 90.000 Ukrainern von den Amerikanern zum Tode verurteilt und hingerichtet. Erhard war kein Mitglied der NSDAP, hatte aber offenbar keine Skrupel, für die Nazis zu arbeiten.
Zentrum neoliberaler Propaganda!
Sowohl die Auswahl der Festredner für die Verleihung des Ludwig-Erhard-Preises als auch die Ansichten der Preisträger zeigen, dass dort ein Zentrum neoliberaler Politikentwürfe und Propaganda entstehen soll. Auffällig viele Referenten kommen aus den Reihen der INSM, der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“, die vom Verband der Metall- und Elektroindustrie ins Leben gerufen wurde. Ihre Positionen haben allerdings mit sozialer Politik nicht das Geringste zu tun. Dazu gehören der Ökonomieprofessor Paul Kirchhof, der den gleichen Steuersatz für Arme und Reiche fordert, ebenso wie der Chefvolkswirt der Bundesbank und Mitglied des Direktoriums der EZB, Otmar Issing, der laut FN „besonders an Mindestlohn und Rente mit 63 nichts Gutes findet“. Aber auch der Unternehmensberater und frühere Chefökonom der Deutschen Bank, Roland Berger, sowie Professor Hans-Werner Sinn wurden geladen, der in seinem Buch „Ist Deutschland noch zu retten?“ den deutschen Sozialstaat kritisierte und Öffnungsklauseln in Tarifverträgen, Vertragsfreiheit beim Kündigungsschutz und längere Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich forderte. Durchgängig wird von allen eine unsoziale Politik propagiert, die sich eindeutig gegen die Interessen der Mehrheit der Bevölkerung richtet. Zu den geladenen Ökonomen kommen Politiker, von denen keiner durch soziale Politik aufgefallen ist. Wie Gerhard Schröder mit der Agenda 2010 und Hartz IV, Senkung des Spitzensteuersatzes und den Rentenkürzungen. Oder Guido Westerwelle, der ausgerechnet bei Hartz IV-Empfängern spätrömische Dekadenz entdeckte. Schließlich noch der Festredner zur Einweihung, Bundespräsident Steinmeier, der sich in einer Rede vor dem Unternehmerverband damit brüstete, dass unter seiner Ägide als Außenminister die Steuersenkungen für die Reichen vorgenommen wurden. Passend abgerundet wird das Bild mit einem Lehrstuhl für soziale Marktwirtschaft der im LEZ Einzug halten wird. Der Träger der Stiftungsprofessur wird die Friede Springer Stiftung sein!
Aus diesen Gründen protestieren wir gegen dieses von der Wirtschaft bestellte Zentrum neoliberaler Propaganda, das mit unseren Steuergeldern bezahlt wird!
Unsere Forderungen:
- Vollständige Darstellung von Erhards Wirken!
- Keine Steuergelder für das Ludwig-Erhard-Zentrum!
- Soziokulturelles Zentrum statt Ludwig-Erhard-Zentrum!
Anlässlich der Einweihung des LEZ laden das Fürther Sozialforum, die Fürther Erwerbsloseninitiative, die Antifaschistische Linke, Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und das Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus zur Kundgebung am Freitag, 18. Mai, um 8:30 Uhr auf dem Kohlenmarkt ein. Auf der Bühne sind:
- Gitarrenauftakt: Schorsch Weißenborn von den Fürther Ehrlichen Lumpen
- Siegfried Imholz, BgR: Das Wirken Erhards in der NS-Zeit.
- Barbara Fuchs, Grüne: Keine Steuergelder für das LEZ!
- Uli Schönweiß, Linke: Soziokulturelles Zentrum statt LEZ!
- Anja Schmailzl, SoFo: Kein neoliberales Zentrum in Fürth!
- ALF: Für ein Recht auf Stadt
Ebenso laden wir zu der Vorabend-Demonstration am 17. Mai um 17:00 Uhr, ebenfalls auf dem Kohlenmarkt.